Was ist Telefonreanimation?
Als Telefonreanimation (auch T-CPR genannt, aus dem Englischen Telephone Cardial Pulmonal Resuscitation = Kardio Pulmonale Wiederbelebung) bezeichnet man die angeleitete Herz-Lungen-Wiederbelebung/Herzdruckmassage/Reanimation für Laien über das Telefon.
Situation in der Leitstelle Nord
Seit Ende 2010 werden Anrufer*innen bei dem (vermuteten) Vorliegen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes telefonisch zur Herz-Lungen-Wiederbelebung (Reanimation) angeleitet. Dabei liegt die Quote der Patienten, die das Krankenhaus in einem lebenswerten Zustand wieder verlassen haben, deutlich höher als im Bundesdurchschnitt, nämlich bei 15,7 % im Vergleich zu 5 bis 8 %.
Ein Grund dafür ist sicher auch darin zu suchen, dass sich weder die Standardisierte Notrufabfrage noch die telefonische Wiederbelebung in allen deutschen Leitstellen etabliert haben. Das wäre für die Zukunft sicher wünschenswert. Diese Entwicklung unterstützen wir aktiv, in dem wir bundesweit und in der Schweiz Seminare zu diesem Thema anbieten, innerhalb derer wir sowohl unsere technischen Lösungen als auch unsere Erfahrungen und unsere daraus gewonnene Erfahrungen zur Verfügung stellen.
Warum Telefonreanimation?
22. Januar 2014, Bad Boll: Wie kann man die Notfallversorgung für Patienten mit Herzstillstand so optimieren, dass in Zukunft jährlich 10.000 Patienten mehr nach einer Reanimation überleben? Dieser Frage gingen 52 Experten Anfang des Jahres gemeinsam in Bad Boll nach. In Gesprächsrunden und Diskussionen erarbeiteten sie die Antworten und fassten diese in 10 Thesen für 10.000 Leben zusammen.
Jeden von uns kann es treffen: Bei über 75.000 Menschen in Deutschland wird jedes Jahr mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. Dann zählt jede Sekunde und das Funktionieren der Rettungskette vom Laien über die Leitstelle, Rettungsdienste bis ins Krankenhaus entscheidet über Leben und Tod. Derzeit überleben lediglich 5.000 Patienten den Herz-Kreislauf-Stillstand.
Wie die Rettungskette für Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand optimiert werden kann, das wurde in Bad Boll intensiv und engagiert diskutiert. Eingeladen hatten die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), der Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA), der Deutsche Rat für Wiederbelebung (GRC) und das Deutsche Reanimationsregister.
Ergebnis der Tagung sind 10 Thesen, damit zukünftig 10.000 Patienten nach einer Reanimation das Krankenhaus wieder gesund verlassen können. Die Thesen beinhalten fundierte Aufträge, die das Erreichen dieser Ziele ermöglichen werden. Eine Folgeveranstaltung im nächsten Jahr wird dann die neuen Erkenntnisse zusammenführen.
„Wir alle verfolgen das gleiche Ziel und arbeiten eng zusammen um dieses gemeinsam zu erreichen“, so Prof. Dr. Götz Geldner, Präsident des BDA. Die Versorgungskette der Notfallmedizin umfasst neben den beteiligten Medizinern auch Laien, die in einem Notfall oftmals zuerst und alleine am Notfallort sind, die kontaktierte Leitstelle sowie alle medizinischen Fachkräfte, die mit dem Patienten in Berührung kommen. Priv.-Doz. Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Sprecher des Organisationskomitees des Deutschen Reanimationsregisters, betont: „Die Abläufe jedes einzelnen Gliedes dieser Versorgungskette müssen überprüft und bei Bedarf überarbeitet werden. Während der Bad Boller Reanimationsgespräche haben Vertreter aller Bereiche erstmals gemeinsam Thesen zur Optimierung der gesamten Notfallversorgung erarbeitet“. Es wird eine Verbesserung der Abläufe in der Klinik gefordert sowie Änderungen politischer Natur und ein generelles Umdenken bei den Laien.
„Wir stehen an einem Wendepunkt in Deutschland. Wir können die Überlebenschancen bei einem plötzlichen Herzstillstand verdreifachen“ sagt Prof. Dr. Bernd W. Böttiger, Vorsitzender des GRC. Seine Vorbilder bei dieser Prognose sind vor allem die skandinavischen Länder, in denen Opfer eines plötzlichen Herzstillstandes eine drei Mal so hohe Chance auf ein Überleben haben. In Deutschland ist der Herz-Kreislaufstillstand derzeit die dritthäufigste Todesursache. Prof. Dr. med. Christian Werner, Präsident der DGAI, sagt: „Jede Sekunde zählt und das Funktionieren der Rettungskette entscheidet über Leben und Tod.“ Die Veranstaltung in Bad Boll setzte den Grundstein einer neuen Reihe. Die 10 Thesen werden von nun an jährlich in der gleichen Expertenrunde evaluiert. Bereits im kommenden Jahr sollen erste strukturelle Veränderungen in der Notfallversorgung erreicht werden. Weitere Informationen rund um das Thema „Reanimation“ finden Sie, wenn Sie dem Link www.reanimationsregister.de folgen.
Statistik
Seit September 2010 wurde bei uns in 2.773 Fällen eine Reanimation angeboten. Nicht immer wurde dieses Angebot angenommen, entweder weil die Anrufer*innen nicht in der Lage waren oder eine Wiederbelebung explizit abgelehnt haben.
Von den ins Krankenhaus eingelieferten Patient*innen haben 15,7% die Klinik anschließend wieder verlassen.
Der bundesweite Schnitt laut deutschem Reanimations-Register liegt bei 5 bis 8%!
Die 10 Thesen aus Bad Boll
- 70.000 Todesfälle nach erfolgloser Wiederbelebung sind inakzeptabel: Der Kampf dagegen ist eine gesamtgesellschaftliche und hoheitliche Aufgabe.
- Leben retten ist cool: Wiederbelebung durch Laien muss eine Selbstverständlichkeit werden, das Thema Laienreanimation muss in der Öffentlichkeit verbreitet und positiv besetzt werden.
- Jeder kann ein Leben retten: Im Notfall muss die Zeit bis zum Eintreffen von Notarzt und Rettungsdienst sinnvoll genutzt werden, Patienten mit Herzstillstand dürfen in dieser Zeit nicht unbehandelt bleiben. Daher müssen alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten für die Laienreanimation sensibilisiert und aktiviert werden.
- Wiederbelebung ist kinderleicht: Wiederbelebung ist einfach zu erlernen und muss bereits im Schulalter trainiert werden. Durch die frühe Auseinandersetzung mit dem Thema werden Berührungsängste vermieden und Wiederbelebung wird zu einer Selbstverständlichkeit. Eine Integration in den Lehrplan und das regelmäßige Wiederholen der Schulung fördert diesen Effekt.
- Nur was wir messen, können wir verbessern: Alle Teilschritte der Wiederbelebung müssen einem umfassenden Qualitätsmanagement unterliegen. Durch eine lückenlose Dokumentation und regelmäßige Analysen können Vorgänge optimiert werden.
- Ohne Daten keine messbare Verbesserung: Jede Wiederbelebung muss im Deutschen Reanimationsregister vollständig erfasst werden. Datenerfassung und Auswertung aller Versorgungseinheiten machen den Behandlungserfolg erst transparent und optimierbar.
- Der Herz-Kreislauf-Stillstand ist ein eigenständiges Krankheitsbild: Es müssen evidenzbasierte Postreanimationsstandards etabliert werden.
- Die spezialisierte Krankenhausbehandlung nach erfolgreicher Wiederbelebung ist überlebenswichtig: Diese Patienten müssen in spezialisierten Krankenhäusern (Cardiac-Arrest-Center) behandelt werden.
- Die Leitstelle beeinflusst den Ausgang der Wiederbelebung entscheidend: Die telefonische Anleitung zur Wiederbelebung muss flächendeckend verfügbar sein.
- Regelmäßiges Training für die Profis verbessert die Qualität der Reanimation: Ein professionelles, interdisziplinäres Teamtraining in zertifizierten Kursen sowie die gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen dafür müssen gewährleistet werden.