In diesem Film stellt der Fachverband Leitstelle e. V. das Berufsbild Leitstellendisponent*in vor:
Leitstellendisponentinnen und Leitstellendisponenten – Ein anspruchsvolles Berufsbild
Text von Achim Hackstein
Im Zentrum des Rettungswesens steht die Institution Leitstelle. Sie nimmt die Hilfeersuchen der Bürger entgegen und setzt die Rettungsmittel der unterschiedlichsten Organisationen ein. Eine sehr eindimensionale Beschreibung für eine Aufgabe die, neben der ständigen Herausforderung auch wirklich die einsatzrelevanten Informationen abzufragen und die richtigen Rettungsmittel einzusetzen, einem kontinuierlichen Zeit – und Leistungsdruck unterliegt. Gerade durch die Zusammenlegung der Leitstellen zu Regionalleitstellen, unter wirtschaftlichen und auch taktischen Gesichtspunkten eine sinnvolle Maßnahme, hat die Einsatzdichte bei rückläufiger oder auch gleichbleibender Personaldecke und steigenden Einsatzzahlen für den einzelnen Disponenten messbar zugenommen.
Unstrittig ist heute die Tatsache, dass die Tätigkeit in einer Leitstelle in einem Hochrisikobereich stattfindet. Gleichzusetzen mit der eines Fluglotsen, eines Piloten oder des Aufnahmearztes in der Zentralen Notaufnahme. Verbindendes Element der beschriebenen Berufe – Fehler können Menschenleben kosten, Entscheidungen werden häufig unter Zeitdruck, ohne genaue Kenntnis der zum Ereignis führenden Umstände, getroffen. So sehr die Rahmenbedingungen auch vergleichbar sein mögen, die Bezahlung für diese verantwortungsvolle Funktion „Leitstellendisponent“ ist ganz sicher nicht vergleichbar mit den anderen beispielhaft aufgeführten Berufsgruppen. Noch heute wird der „Disponent in einer Rettungsleitstelle“ entsprechend einer nicht mehr aktuellen Anlage im TvÖD vergütet, obwohl es schon seit vielen Jahren keine reinen „Rettungsleitstellen“ mehr gibt und das der damaligen Bewertung wahrscheinlich zugrunde gelegte Tätigkeit- und Anforderungsprofil sich mittlerweile deutlich verändert hat.
Die aktuelle Bezahlung der Disponenten ist weder leistungsangepasst noch motiviert sie für den anspruchsvollen Dienst in der Leitstelle geeignetes Fachpersonal, sich auf frei werdende Stellen zu bewerben. Weniger Geld bei höherer Leistung, eine Gleichung die ahnen lässt, dass Leitstellen zukünftig erhebliche Nachbesetzungsprobleme bekommen werden, wenn das Lohn- und Gehaltsgefüge nicht umgehend angepasst wird.
Leitstellendisponenten werden in außerordentlich komplexen und kritischen Situationen tätig. In diesen Situationen müssen zahlreiche Entscheidungen von weitreichenden taktischen, medizinischen und wirtschaftlichen Folgen getroffen werden – häufig unter enormem Zeitdruck und ohne genaue Kenntnis der zum Ereignis führenden Umstände. Ein zentrales Problem liegt dabei in der Erschließung der Situation: Während das Einsatzpersonal von Feuerwehr und Rettungsdienst am Einsatzort alle Sinne und noch dazu diverse Geräte einsetzen kann, um sich eine solide Informations- und damit Entscheidungsbasis zu verschaffen, steht dem Leitstellendisponenten in der frühen Phase des Einsatzes zunächst nur der Anrufer zur Verfügung. Alle Informationen werden telefonisch über einen emotional hochbelasteten, zufällig anwesenden Ersthelfer ohne notfallmedizinische oder feuerwehrtechnische Vorbildung gewonnen, dessen subjektive Beurteilungen sich mit denen eines Experten häufig nicht decken. Leitstellendisponenten müssen also unter erheblichem Zeit – und Entscheidungsdruck eine Vielzahl besonders verantwortungsvoller Aufgaben und Ansprüchen bewältigen. Dazu sind besondere Schlüsselqualifikationen erforderlich:
Schlüsselqualifikationen
Sozialkompetenz
- Einfühlungsvermögen (Empathie)
- Sprachkompetenz
- Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit
- Konfliktfähigkeit
Methodenkompetenz
- Analysefähigkeit
- Lernbereitschaft
- Räumliches Vorstellungsvermögen
- Abstraktes und vernetztes Denken
Selbstkompetenz
- Kreativität
- Leistungsbereitschaft, Engagement und Ausdauer
- Motivation
- Flexibilität und Mobilität
- Verantwortungsbewusstsein
- Zuverlässigkeit
- Selbstständigkeit
- Belastbarkeit/Stressresistenz
Medienkompetenz
- Sicherer Umgang mit aktuellen elektronischen Medien
Zunehmend klarer wird, dass die augenblicklichen Qualifikationen, die nicht nur bundesweit sondern auch innerhalb der Bundesländer sehr unterschiedlich sind, überdacht und überarbeitet werden müssen. Gerade vor dem Hintergrund des Berufsbildes „Notfallsanitäter“, der weder inhaltlich für die Arbeit in einer Leitstelle qualifiziert noch zeitlich als Eingangsqualifikation zu vertreten ist, sollte zumindest eine modulare, landesweit einheitliche Ausbildung etabliert werden. Ob sich daraus wünschenswerter Weise ein eigenes Berufsbild, wie wir es z.B. auch im Bereich der Call-Center antreffen, generieren lässt, steht zurzeit noch in den Sternen.